Die Butzbacher Zeitung schreibt über die Weidigschule Butzbach

Zutiefst betroffen

Jahrgangstufe 10 der Weidigschule besucht die KZ-Gedenkstätte Buchenwald

Butzbach (pm). Der Tag des diesjährigen Besuchs der KZ-Gedenkstätte Buchenwald der zehnten Klassen der Weidigschule war ein ganz besonders heißer, doch das ließ sich kaum vorausahnen, als der Termin vor fast zwei Jahren gebucht wurde. Die Führungen über das Gelände auf dem Ettersberg nahe Weimar sind deutschlandweit begehrt und das dafür ausgebildete pädagogische Personal ist inzwischen knapp geworden, berichtet die Schule.
Im Bus und in den Schattenbereichen der großflächigen Anlage ließ es sich aushalten, und so wirkte es auf die aus Butzbach Angereisten nur noch unvorstellbarer, wie sich die ins Lager deportierten Menschen an ähnlich heißen Sommertagen gefühlt haben mussten, wenn die Lagerbahn sie zusammengepfercht vor dem zynischerweise so genannten »Carachoweg« auslud, damit sie dort gedemütigt, verprügelt und von abgerichteten Bluthunden gehetzt werden konnten. Bereits hier, so erfuhren sachkundig die Jugendlichen und die Lehrkräfte Steffen Arndt, Lena Döring, Katja Kächler, Tobias Maschmann, Andrea Schreiber-Guth und Patrick Stübiger, sollte sich zeigen, wer den künftigen nackten Kampf ums überleben auch unter dem Preis der Opferung von Mitgefangenen aufnehmen würde.
Die Mitglieder der das Lager kontrollierenden SS waren bereit dazu, jegliche Form der Menschlichkeit abzulegen, und zwangen diese fatale Vorgehensweise auch den Inhaftierten auf. Zutiefst betroffen ließen sich die Butzbacher Gäste die der schieren Folter dienenden Arrestzellen zeigen und gelangten durch das berüchtigte Lagertor auf den Appellplatz des Hauptlagers. Dort wurde in einem Seminarraum der Ablauf des Lageralltags, die Entmenschlichung, der Hunger und die wörtliche physische Vernichtung durch Knochenarbeit oder medizinische Versuche anhand eines Lagermodells verdeutlicht.
Der Gang zu den Verbrennungsöfen der Gedenkstätte und durch den rekonstruierten »Pferdestall«, der die willkürliche Erschießung Tausender Kriegsgefangener als vermeintlich medizinische Einrichtung verschleiern sollte, wirkten ebenso nachhaltig auf die Besuchenden wie die Dauerausstellung zur Geschichte des Konzentrationslagers im ehemaligen Kammergebäude, die im Anschluss an die Führung besichtigt wurde. Recherchiert man online über die Gedenkstätte Buchenwald, stoßen die Schüler immer häufiger auf Berichte, die massive Anfeindungen unterschiedlicher Art dokumentieren: Neuerdings Linksextreme, die angesichts des Krieges in Gaza, verstärkt den Holocaust relativieren, vor allen Dingen aber rechtsextrem Gesinnte, die Mitarbeitende und Gäste auf das Abstoßendste provoiieren, bedrohen und dieses Vorgehen auch ins Netz stellen. Die Gedenkstätte selbst spricht dabei noch von einer, wenn auch lauten, Minderheit.
»Nicht auszudenken wäre es jedoch, wenn sich künftig ein politisches Klima durchsetzen würde, das aus dem bisher noch Unsag- und Untubaren plötzlich Mehrheiten entstehen ließe, die eS doch wieder sagen und tun«, erklären die Schüler dazu.
Die Weidigschule dankt dem Wetteraukreis, der seit Jahren die Zeichen der Zeit erkannt hat und Schulfahrten zu Gedenkorten des nationalsozialistischen Terrors mit einer großzügigen Teilübernahme der Beförderungskosten unterstützt.

Butzbacher Zeitung, 12.07.2025

Weidigschüler während ihrer Führung auf dem Appellplatz der KZ-Gedenkstätte Buchenwald – im Hintergrund: der Eingangsbereich mit dem Lagertor.

FOTO PM